Open Space Technology (OST), umgangssprachlich auch als „Open Space“ bezeichnet, ist ein mächtiges Werkzeug für die Kulturveränderung in Organisationen. Vielleicht kennen Sie dieses Format von Konferenzen, wo es oft für den Informationsaustausch genutzt wird. Seine eigentliche Kraft entfaltet OST jedoch erst, wenn Sie es fokussiert innerhalb einer Organisation einsetzen.
OST basiert auf der freiwilligen Teilnahme: Die Mitglieder der Organisation werden zum Open Space eingeladen. Auch während des Events können die Teilnehmer frei entscheiden, ob und wie sie sich an den verschiedenen Diskussionen beteiligen. OST überlässt auch die Agenda den Anwesenden. Die Zielsetzung, das „Thema“, wird vom Sponsor des Events vorgegeben. Der Sponsor ist eine ranghohe Führungskraft im Unternehmen, die mit der Veränderung beginnen will, zum Beispiel der Geschäftsführer oder Bereichsleiter. Diese Beteiligung zeigt den Mitarbeitern, dass sie genügend Macht von oben erhalten, um in diesem Rahmen wirklich etwas verändern zu können.
Ein Open Space Event besteht aus drei Phasen, die sich mit Konvergenz, Divergenz und Konvergenz beschreiben lassen: Stuhlkreis, parallele Diskussionsrunden, erneuter Stuhlkreis (Abbildung 1).
Phase 1: Start im Stuhlkreis
Ein Open Space Event wird durch den Sponsor eröffnet. Dieser begrüßt die Teilnehmer, die sich in einem oder mehreren Stuhlkreisen um ihn angeordnet haben. Dadurch wird für alle die Relevanz der Zusammenkunft offensichtlich. Der Sponsor übergibt das Wort nach einer kurzen Einführung an den Moderator, der zunächst die Prinzipien und Regeln für den eigentlichen Open Space erklärt. Die Prinzipien sind:
- Wer auch immer kommt, es sind die richtigen Leute.
- Was auch immer geschieht, es ist das Einzige, was geschehen konnte.
- Es beginnt, wenn die Zeit reif ist.
- Vorbei ist vorbei. Nicht vorbei ist nicht vorbei.
Zusätzlich zu diesen Prinzipien gibt es das „Gesetz der beiden Füße“: Wenn ein Teilnehmer der Meinung ist, bei einer Diskussion nichts mehr lernen und nichts mehr dazu beitragen zu können, ist er angehalten, zu einer anderen Diskussionsrunde zu wechseln. OST basiert auf Freiwilligkeit, daher ist ständiges Wechseln und Beobachten ebenso in Ordnung, wie sich aus allem herauszuhalten.
Nachdem der Moderator den Rahmen für die Diskussionsrunden gesetzt hat, erklärt er, wie die Teilnehmer vorgehen sollten, um die Agenda für die Veranstaltung zu erstellen. Direkt danach zieht er sich zurück: Das Event gehört jetzt den Teilnehmern. Die Macht über das, was nun geschieht wurde also vom Sponsor an den Moderator übergeben und von diesem an die Teilnehmer. Das ist ein wichtiges Ritual, das von den Anwesenden unbewusst wahrgenommen und bewertet wird.
Phase 2: Arbeit in den Diskussionsrunden
In dem jetzt entstandenen Freiraum diskutieren die Teilnehmer in mehreren Sitzungen an mehreren Stationen die von ihnen vorgeschlagenen Themen. Dabei folgen sie den beschriebenen Prinzipien und der wichtigsten Regel des Open Space: Die Teilnehmer entscheiden selbst, an welcher Diskussionsrunde sie teilnehmen. Können sie keinen Beitrag mehr leisten oder nichts mehr dazulernen, werden sie zu einer anderen Diskussion wechseln oder sich ans Buffet zurückziehen. Lediglich jene Personen, die eine Diskussionsrunde angeboten haben, bleiben an ihrer Station. Erscheinen bei einer Runde keine weiteren Teilnehmer, sollte der Anbieter der Runde das nicht als negativ werten. Die Grundannahme lautet in diesem Fall: Sein Beitrag war wertvoll, es ist nur nicht die richtige Zeit dafür. Entweder wird er nun selbst zum Teilnehmer bei anderen Diskussionsrunden, oder er notiert für sich seine Gedanken und veranstaltet also eine Ein-Personen-Diskussionsrunde. Noch während dieser Phase erstellen die Teilnehmer selbstorganisiert eine Dokumentation der Diskussion, inklusive Handlungsempfehlungen an den Sponsor – die sogenannten „Proceedings“.
Phase 3: Abschluss im Stuhlkreis
Abschließend finden sich wieder alle in einem Stuhlkreis ein und tauschen ihre Gedanken über die Veranstaltung aus. Spätestens am nächsten Tag werden die Proceedings dem Sponsor übergeben. Soweit es in seiner Macht liegt und strategisch sinnvoll ist, wird er die Empfehlungen zeitnah und transparent umsetzen, um den Teilnehmern damit seine Wertschätzung für Ihre Mitarbeit auszudrücken.
Auszug aus dem Buch „OpenSpace Agility kompakt“ von Joachim Pfeffer und Miriam Sasse (2018).